Pflichtteilsentziehung wegen Einleitung eines Betreuungsverfahrens

Pflichtteilsentziehung wegen Einleitung eines Betreuungsverfahrens (OLG Karlsruhe, Urteil vom 02.12.2008 – 3 U 7/08)

Die Anregung eines Betreuungsverfahrens stellt keinen Pflichtteilsentziehungsgrund in der Form der vorsätzlichen körperlichen Misshandlung (§ 2333 Nr. 2. BGB) des Erblassers dar.

 

Im vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe entschiedenen Fall machte der Kläger als Pflichtteilsberechtigter einen Auskunftsanspruch zur Erlangung eines Nachlassverzeichnisses gegen die Beklagte – seiner Schwester – als Erbin geltend. Die verstorbene Mutter der Parteien hatte dem Kläger durch letztwillige Verfügung den Pflichtteil entzogen. Die Beklagte wehrte sich u.a. mit der Behauptung, der Kläger habe durch Einleitung eines Betreuungsverfahrens für die Mutter nur seine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt und damit die Erblasserin psychisch misshandelt, was den Pflichtteilsentziehungsgrund des § 2333 Nr. 2 BGB erfülle.


Der Senat verneinte das Vorliegen eines Entziehungsgrundes im Sinne von § 2333 Nr. 2 BGB. Die Vorschrift verlangt eine vorsätzliche körperliche Misshandlung des Erblassers. Seelische, also psychische Misshandlungen fallen unter die Vorschrift nur, wenn dadurch auch vorsätzlich auf die körperliche Gesundheit des Erblassers eingewirkt werden sollte. Dass der Kläger mit der Einleitung des Betreuungsverfahrens seine Mutter auch körperlich an ihrer Gesundheit beeinträchtigen wollte, konnte das Gericht nicht erkennen.

Kommentar: Die gesetzlichen Anforderungen zur Entziehung des Pflichtteils sind recht hoch. Die Entziehung kann nur durch letztwillige Verfügung, also Testament oder Erbvertrag, geschehen. Der Grund muss zur Zeit der Errichtung der letztwilligen Verfügung vorliegen und in dieser ganz konkret beschrieben werden. Zu bedenken ist stets auch, dass eine Verzeihung des Erblassers eine Pflichtteilsentziehung unwirksam macht. Zum 01.01.2010 werden die Pflichtteilsentziehungsgründe erneuert. Insbesondere wird der nur schwer zu handhabende Entziehungsgrund des „ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels“ abgeschafft.

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